Neue Wege im Ehrenamt – Corporate Volunteering für Volkshochschulen
Ehrenamtliches Engagement an Volkshochschulen ist vielfältig: von der Lernbegleitung im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung über die Begleitung von Geflüchteten bis hin zur Betreuung des vhs-Gartens oder Führungen durch die vhs. Besonders im digitalen und projektbezogenen Bereich ist es jedoch oft herausfordernd, passende Unterstützer*innen zu gewinnen.
Welche Potenziale bietet Corporate Volunteering, also das Engagement von Unternehmen und ihren Mitarbeitenden, für Volkshochschulen? Wie können Volkshochschulen fachliches Know-How „pro bono“ an ihre vhs holen, z. B. für Marketing- oder IT-Projekte? Diese Seite gibt einen Überblick über ehrenamtliches Engagement generell und stellt Zugänge zu professionellem Engagement (Skill-Based Volunteering) vor.

Was bedeutet eigentlich was?
Freiwilligenarbeit / Freiwilliges Engagement
Freiwilligenarbeit bzw. Freiwilliges Engagement ist der Oberbegriff für alle Formen freiwilliger und unbezahlter Tätigkeiten zugunsten des Gemeinwohls. Diese können regelmäßig oder punktuell, im privaten, institutionellen oder beruflichen Kontext stattfinden.
Freiwilliges Engagement erfolgt ohne rechtliche Verpflichtung und verfolgt soziale, kulturelle, ökologische oder andere gemeinnützige Zwecke.
Ehrenamt
Der Begriff Ehrenamt hat seinen Ursprung im 19. Jahrhundert. Aufgrund langjähriger Traditionen des sozialen und kulturellen Engagements in Vereinen und anderen Ehrenamtsstrukturen ist dieser Begriff heute im alltäglichen Sprachgebrauch fest verankert und wird nicht selten synonym für Engagement insgesamt genutzt. Viele Engagementformen sind heute jedoch weniger formalisiert und zeitlich begrenzt.
Das Ehrenamt ist eine spezielle Form des freiwilligen Engagements, die oft mit einer formellen Rolle oder einem „Amt“ verbunden ist und in der Regel regelmäßig und langfristig ausgeübt wird, etwa in Vereinen, Kirchen, Rettungsdiensten etc. (Quelle: Bundestagsdrucksache 14/8900, S. 32)
Bürgerschaftliches Engagement
Bürgerschaftliches Engagement ist eine Form freiwilligen Engagements, die sich aus dem Status als Bürger*in ableitet, über private Hilfe hinausgeht und auf die aktive Mitgestaltung der Gesellschaft abzielt. Es ist in der Regel freiwillig, nicht gesetzlich vorgeschrieben und basiert auf dem Selbstverständnis, Verantwortung für das demokratische Gemeinwesen zu übernehmen.
In Ausnahmefällen, wie etwa bei der gesetzlichen Bestellung von Schöff*innen, kann bürgerschaftliches Engagement auch verpflichtend sein. Dann handelt es sich nicht mehr um freiwilliges Engagement, bleibt jedoch bürgerliche Mitverantwortung. (Quelle: Bundestagsdrucksache 14/8900, S. 32)
Corporate / Professional / Skill-based Volunteering
Corporate Volunteering bezeichnet das gesellschaftliche Engagement der Mitarbeitenden eines Unternehmens. Sie setzen ihre Zeit, Arbeitskraft oder ihr Fachwissen freiwillig für einen guten Zweck ein. Das Unternehmen unterstützt das Engagement der Mitarbeitenden. Handelt es sich dabei um fachliche Unterstützung und das Unternehmen stellt Produkte oder Dienstleistungen kostenfrei zur Verfügung, spricht man auch von Pro Bono Arbeit.
Professional Volunteering findet in der Regel im Kontext des eigenen Berufs statt, oft über Corporate Volunteering-Programme.
Beim Skill-based Volunteering (kompetenzbasierte Freiwilligenarbeit) setzen die Freiwilligen ihr Fachwissen und ihre beruflichen Kompetenzen ein. Dies ist im beruflichen und privaten Interesse der Ehrenamtlichen möglich.
Corporate Social Responsibility (CSR)
Corporate Social Responsibility – auf Deutsch: unternehmerische Gesellschaftsverantwortung – bezeichnet den freiwilligen Beitrag von Unternehmen zu einer nachhaltigen Entwicklung, über gesetzliche Anforderungen hinaus. Sie umfasst ökologische, soziale und gesellschaftliche Verantwortung.
Regionale Zugänge: Firmen, Unternehmensnetzwerke und Freiwilligenagenturen
Zahlreiche Firmen übernehmen durch vielseitiges Engagement gesellschaftliche Verantwortung, vor allem in regionalen Kontexten. Für Volkshochschulen eröffnet das die Chance, mit lokalen Unternehmen Partnerschaften für „Corporate Volunteering“ aufzubauen. Eine besondere Form des Einsatzes ist „Skill-Based Volunteering“, bei dem Mitarbeitende ihr Fachwissen beispielsweise im IT-, Marketing- oder Projektmanagementbereich einbringen.
Neben der direkten Ansprache von regionalen Unternehmen, bieten Unternehmens-Netzwerke vor Ort Anknüpfungspunkte für ehrenamtliches Engagement, z. B. über die IHK oder die regionale Wirtschaftförderung. Auch Social Days, bei denen Unternehmens-Teams gebündelt für einen Tag an einem Projekt arbeiten, sind ein verbreitetes Mittel. So lassen sich z. B. Digitaltage oder andere besondere Veranstaltungsformate gemeinsam realisieren, von denen die vhs und die örtlichen Unternehmen profitieren.
Auch kommunale und zivilgesellschaftliche Einrichtungen bieten einen Zugang vor Ort, um engagierte Menschen mit fachlichem Hintergrund zu finden:
- Freiwilligenagenturen und Freiwilligenzentren in vielen bayerischen Städten und Landkreisen vermitteln passgenau Ehrenamtliche – auch für punktuelle oder digitale Einsätze.
- Kommunale Anlaufstellen für Bürgerschaftliches Engagement, z. B. Koordinierungszentren oder Ehrenamtsbüros, kennen die lokale Engagement-Landschaft und helfen bei der Projektentwicklung.
- Seniorenbüros, Mehrgenerationenhäuser und Bürgerstiftungen sind ebenfalls gute Ansprechpartner, hier finden sich oft hochqualifizierte Ruheständler*innen, die gerne ihr Wissen weitergeben.
Praxis-Tipps
- Starte mit einer lokalen Netzwerkrecherche: Welche Unternehmen engagieren sich bereits in der Region? Wer koordiniert Engagement? Welche Beratungsstellen sind für meinen Ort gelistet? Ein Anruf bei der Kommune oder ein Besuch bei der lokalen Freiwilligenagentur kann den Stein ins Rollen bringen.
- Lade lokale Firmen gezielt zu einem „Engagement-Café“ oder einem „Projekttag Ehrenamt“ ein. Präsentiere konkrete Bedarfe und Projektideen – das erhöht die Chance, passende Matches zu finden.
- Formuliere konkrete Aufgaben und ein zeitlich begrenztes Engagement, um Einstiegshürden zu senken.
Regionale Partner für freiwilliges Engagement an der vhs
Überregionale Anbieter und Dienstleistungen
Neben regionalen Anlaufstellen für Ehrenamt und Engagement gibt es überregional tätige Organisationen, die zwischen Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen vermitteln und passende Service-Angebote bereitstellen. Drei Beispiele sind hier aufgeführt:

Haus des Stiftens
Das Haus des Stiftens ist ein Sozialunternehmen, das Know-How und IT-Produkte zwischen Stiftungen, Unternehmen und Non-Profit-Einrichtungen vermittelt.
Es bietet u.a. das digitale Format Online-Einzelcoachings an, bei dem Unternehmensmitarbeitende Individual-Beratung für Non-Profit-Organisationen bieten, z. B. im Marketing, Personalmanagement.
Zusätzlich veranstaltet das Haus des Stiftens branchenübergreifende Netzwerktage zum Thema Corporate Social Responsibility (CSR) zum Austausch zwischen Vereinen und Unternehmen (z. B. Zukunftstag).

UPJ Netzwerk für Corporate Citizenship und CSR
Der Berliner Verein UPJ e.V. versteht sich als Netzwerk für Unternehmensverantwortung und gesellschaftliches Engagement. Er berät und realisiert Projekte, die Unternehmen und gemeinnützige Organisationen zusammenzubringen. Volkshochschulen können beispielsweise profitieren von:
- Beratung und Fortbildung zum Aufbau von Unternehmens-Kooperationen jenseits von Spenden und Sponsoring
- kostenloser Rechtsberatung
- Kompetenzspenden von Unternehmen und Freiberuflern, vor allem im Bereich Kommunikation, PR und Marketing.

Pro Bono Allianz
Die Pro Bono Allianz ist ein Online-Portal, das die etabliertesten deutschen Mittlerorganisationen für Pro-Bono-Programme bündelt. Unterstützt werden unter anderem Rechtsberatung, Kommunikation und Marketing, IT und Technologie, Visual Content sowie Projekt- und Organisationsentwicklung. Die Angebote lassen sich nach Region und Unterstützungsbereich filtern.
Matching-Plattformen
Auch über zahlreiche überregionale Vermittlungs-Plattformen für ehrenamtliches Engagement können Volkshochschulen freiwillige Mitarbeiter*innen finden. Die Plattformen funktionieren alle nach einem ähnlichen Prinzip: Einrichtungen, die Unterstützung suchen, schreiben ihre Angebote über die Plattform aus. Menschen, die sich engagieren möchten, können nach passenden Angeboten suchen: z. B. ob vor Ort oder digital, nach thematischen Einsatzbereichen oder Zielgruppen, nach Dauer des Einsatzes (einmalig, Durchführung eines Projekts, dauerhaftes Engagement).
Viele Plattformen bieten zudem weiterführende Informationen zum Thema Ehrenamt, betreiben Blogs und führen Netzwerktreffen und Veranstaltungen durch. Für gemeinnützige Organisationen gibt es Beratungs- und Lernangebote zu Ehrenamtsmanagement oder Gewinnung und Betreuung von Freiwilligen.
Die Nutzung aller hier aufgeführten Plattformen ist kostenfrei für Ehrenamtliche sowie die anbietenden Organisationen.
Engagement-Plattform der Aktion Mensch
Die Plattform der Aktion Mensch wird von ca. 130 Netzwerkpartnern (lokale Freiwilligenagenturen) gespeist, Angebote können aber auch direkt eingetragen werden.
Anbietende, beispielsweise Verbände oder Kommunen, können die Plattform auf ihren eigenen Seiten digital einbinden und mit eigenen Farben und Inhalten anpassen.
Hier loslegen: www.aktion-mensch.de/was-du-tun-kannst/ehrenamt/freiwillige-gesucht

Freilich
Freilich – die Plattform für Engagement in Bayern wird von der lagfa bayern e.V. (Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen/-Zentren und Koordinierungszentren Bürgerschaftlichen Engagements in Bayern) betrieben. Die Seite nutzt die Funktionen und Suche der Aktion Mensch-Plattform.
Hier loslegen: freilich-bayern.de/fuer-organisationen
Go Volunteer
Go Volunteer bringt seit 2015 Projekte und Initiativen mit Menschen zusammen, die helfen möchten.
Auf der Lernplattform impact-werkstatt.de werden Informationen zu Freiwilligengewinnung, Organisationsentwicklung und Digitalisierung für Non-Profit-Organisationen angeboten.
Hier loslegen: govolunteer.com/ehrenamtliche-finden

Vostel
Vostel bietet persönliche Beratung und Workshops z. B. zu Freiwilligenmanagement. Eingestellte Engagement-Angebote können auch über Vostels Website, Blog, Newsletter und Social Media Plattformen beworben werden. Nach Registrierung wird die gemeinnützige Organisation erst überprüft und dann freigeschaltet. Anschließend kann die Suchanfrage eingestellt werden.
Hier loslegen: vostel.de/de/fuer_non_profits
Letsact
Letsact machte Schlagzeilen als „Tinder für Ehrenamt“ – die Suchenden finden ihr Engagement über eine App. Das Erstellen und Verwalten der Angebote erfolgt über ein Web-Tool. Unter letsact.de/academy werden Ressourcen zu Themen wie Freiwilligenmanagement und Vereinsarbeit angeboten.
Hier loslegen: letsact.de/non-profits
Youvo
Youvo legt den Fokus auf kompetenzbasierte Freiwilligenarbeit (Skill-based Volunteering), insbesondere im kreativ-digitalen Bereich (z. B. Design, IT, Kommunikation, Medienproduktion). Es werden hauptsächlich Projekt-basierte Tätigkeiten angeboten. Organisationen, die Unterstützung suchen, reichen einen Projektvorschlag ein, Youvo prüft diesen und hilft bei der Ausschreibung.
Hier loslegen: www.youvo.org/organisationen
FlexHero
Bei FlexHero finden Ehrenamtliche ihr Engagement über eine App. Ausgeschriebene Projekte werden zusätzlich über verschiedene Kanäle beworben. Das Einstellen der Angebote läuft über ein Projektverwaltungstool, das kostenfrei nutzbar ist. Für den vollen Funktionsumfang fallen jedoch Kosten an (ab 25€/Monat).
Hier loslegen: flexhero.de/ehrenamt-digitalisierung/flexhero-fuer-organisationen-und-vereine/

Beispiele für CSR-Aktivitäten mit Potenzial für Volkshochschulen
Ob mit Know-how, Zeit oder Technik – Unternehmen haben viele Möglichkeiten, sich sinnvoll für Volkshochschulen zu engagieren.
Die folgenden Beispiele zeigen, wie CSR-Initiativen praxisnah umgesetzt werden können. Lassen Sie sich inspirieren!
Corporate Volunteering: Mitarbeitende engagieren sich
- Beispiel: Ein regionales IT-Unternehmen stellt seine Mitarbeitenden für einen halben Tag frei, damit sie eine „PC-Sprechstunde für Senior*innen“ an der vhs durchführen.
- CSR-Ziel: Digitale Teilhabe fördern, gesellschaftliches Engagement der Belegschaft stärken.
- vhs-Vorteil: Digitale Unterstützung, frische Impulse, keine zusätzlichen Kosten.

Pro-bono-Projekte / Skill-Based Volunteering
- Beispiel: Eine Marketingagentur unterstützt ehrenamtlich die vhs bei der Entwicklung einer Kampagne zur Bewerbung von Grundbildungskursen.
- CSR-Ziel: Einsatz von Fachkompetenz zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen.
- vhs-Vorteil: Zugang zu professioneller Expertise – ohne Budgetbedarf.
Mentoring-Programme und Bewerbungscoaching
- Beispiel: Mitarbeitende eines Finanzunternehmens coachen junge Erwachsene oder Zugewanderte im Bewerbungstraining – als Teil eines Integrations- oder Jobstarterkurses an der vhs.
- CSR-Ziel: Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit fördern.
- vhs-Vorteil: Erweiterung des Kursangebots mit Praxisbezug und Einblicken in die Arbeitswelt.
Corporate Giving – Spenden und Sachmittel
- Beispiel: Ein Unternehmen spendet gebrauchte Laptops oder Smartboards für vhs-Standorte oder -Projekte.
- CSR-Ziel: Ressourcen nachhaltig einsetzen und Bildungsinstitutionen stärken.
- vhs-Vorteil: Ausstattung für digital unterstützte Kursformate verbessern.
Co-Branding oder Partnerschaften in Kampagnen
- Beispiel: Eine Bank oder ein Energieversorger tritt als Partner einer vhs-Veranstaltungsreihe zum Thema „Nachhaltiger Konsum“ auf – inklusive gemeinsamer Kommunikation.
- CSR-Ziel: Sichtbarkeit des sozialen Engagements erhöhen.
- vhs-Vorteil: Reichweite, Glaubwürdigkeit und ggf. Finanzierung für Sonderformate.
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Kontakt

Eva Weissmüller
Fachgebietsleitung Kulturelle Bildung
Kultur, Gestalten und Interkulturalität



